Ausstellung über Menschenbilder im Posthamerhaus
Ingolstadt (DKl)
lnteressanter Aspekt einer Ausstellng wenn der berühmte Portraitist selbst wieder portratiert wird. So in Einem Exponaten der Galerie Im Psthamerhaus zum Thema Menschenbilder in Arbeiten von Künstlern unserer Zeit“. Die Ausstellung zeigt Porträts und Köpfe prominenter wie unbekannter Zeitgenossen in unterschiedlichen künstlerischen Ausdrucksformen. Ein Spektrum an Bildhauerei, Malerei und Zeichnung, da, bewußt Gegensätze in der menschlichen Abbildung demonstriert.
Fünf der zwölf Portraitklünstler Präsentieren sich eher traditionell in der charakterisierenden Wiedergabe individueller Züge - originalgetreu, aber gefiltert durch das Auge des Klünstlers.
So der Münchner Bildhauer und Kunstprofessor Hans Wimmer mit der Bronzeplastik der Schriftstellerin Anette Kolb aus dem Jahr 1967: das Beeindruckende Altersgesicht einer 97Jährigen, den Betrachter anrührend.
Daneben wird Wimmer selbst porträtiert im großformatigen Brustbild und drei sensiblen Bleistiftzeichnungen von Ulla Margarethe Scholl - einfühlsame Erinnerung an Mimik und Haltung des Lehrmeisters.
Einen weiteren Beitrag aus diesem Beziehungsgeflech gibt deren
Mutter, die Bildhauerin Ulla Scholl, mit einer Portraitbüste Thomas Manns: sprechendes Bildnis eines Literaten, imponierend in der exakten Herausarbeitung seiner Physiognomie.
In ganz anderer Technik porträtiert 1957 C. 0. Müller den ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss: mit einem lebensechten Ölbild in warmem Farbklang.
Der Maler Walter Oberhofer Schüler C.O. M.üllers präsntiert neben realistischen Portraits aus dem Freundeskreis auch neue nachdenkliche Typenstudien zu Kindheit, Jugend und Alter. Momentaufnahmen von Charakterzügen und Stimmungslage, bestechend im stimmigen Farbcharakter.
Im Kontrast dazu in Farbe und Form stehen im Mittelraum der Galerie neorealistische Darstellungen wie die „Stadtstreicher", neun lebensechte Männerköpfe von Klaus Soppe aus München. Mit Anteilnahme festgehaltenes Lebenselend, Zeitgeschehen in Bildform. Leicht surrealen Anklang läßt der Wahlitaliener Frederico von Rieger spüren bei seinen Porträts „Kain", „Beethoven" und „Die Witwe".
Deutlicher Stilwechsel dann zu einer anderen Art des menschlichen
Abbilds: statt lndividueller Züge nun anonyme Studien psychologischer Verhaltensmuster. Meister dieser Kunst ist der Zeichner Georg Kleber, der mit seiner Reihe kleinformatiger „Köpfe" stark überzeugt. Zum Teil beängstigende Gesichter, reduziert manchmal auf Augen und hohlwangige Mundpartien. In klaren Konturen, die schwungvolle schwarze Linie vereinzelt ergänzt durch Farbakzente in Rot und blassem Blau.
Von hoher Ausdruckskraft ist seine großformatige schwarze
Kreidezeichnung „Ohne Titel": ein gekrümmter Körper, Sinnbild menschlichen Duckens – formal auf das Wesentliche beschränkt.
Expressive Ölbilder in der Farbpalette von grellem Rot, Gelb, Türkis und Schwarz zeigt Harry Meyer als Beispiel des neuen „Bayerischen Realexpressionismus". Schreckensgesichter en face, schreiende offene Münder in deformierten Kopfkonturen. Mit rasantem Pinsel au die Leinwand gebracht, in pastosem Farbauftrag. Von ähnlicher Spontanität, aber ganz andere Umsetzung, zeugen die Aquarell von Jan Preis: Menschenbilder mit abstrakter Tendenz im leicht hingetupften Pinselstich von hoher Qualität, mit witzigen Titeln wie „Aus meiner felfmade Ahnengalire“. Große Ruhe in diesem Raum strahlen die Terracotta-Skulpturen der Bildhauerin Ingeborg Previn aus: Kopf und Torsi, streng reduziert mit grünlicher Patina gefaßt. Ein interssanter Überblick über das Menschenbild in der Kunst.
Barbara Fiedler-Schrecker
Süddeutsche Zeitung vom 2. Juli 1998
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